
In Niedersachsen ist die Situation von Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen alarmierend: Fast jedes siebte Kind ist betroffen. Diese Zahl ist signifikant, insbesondere wenn man bedenkt, dass in Deutschland mehr als jedes achte Kind unter 14 Jahren Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache aufweist. Seit vor 20 Jahren nur weniger als jedes zwölfte Kind betroffen war, hat sich die Lage deutlich verschlechtert. Landesweit führt Niedersachsen diese traurige Statistik an, was zur Besorgnis unter Fachleuten führt, wie NWZ Online berichtet.
Die verschiedenen Phasen des Spracherwerbs liegen vor allem in den ersten fünf Lebensjahren. So beginnt der Prozess bereits in den ersten Lebensmonaten. Bei Säuglingen von 0 bis 4 Monaten sind typische Lautäußerungen wie schmatzen und brummen zu hören. Von 4 bis 10 Monaten laufen erste bedeutende Entwicklungen, indem Kinder quietschen und kichern. Zwischen 10 und 12 Monaten versteht das Kind bereits Namen und beginnt mit dem Lallen. Durch diese frühen Entwicklungsphasen wird der Grundstein für eine gesunde Sprachentwicklung gelegt.
Phasen des Spracherwerbs
- 0 bis 4 Monate: schmatzen, lallen, glucksen, brummen
- 4 bis 10 Monate: quietschen, kichern, lachen, erste Laute
- 10 bis 12 Monate: lallen, erste Silben, versteht Namen von Bezugspersonen und Dingen
- 12 bis 18 Monate: Einwortsätze, aktiver Wortschatz (15 bis 20 Wörter)
- 18 bis 24 Monate: Zwei- bis Dreiwortsätze, nutzt 20 bis 50 Wörter
- 2 bis 3 Jahre: Auf- und Ausbau der Grammatik, Fragewörter (200 bis 300 Wörter)
- 3 bis 4 Jahre: eigene Wortkreationen, beherrscht Ich-Form
- 4 bis 5 Jahre: beherrscht Zisch-Laute, bildet Nebensätze, nutzt Präpositionen
- ab 5 Jahre: Lautbildung abgeschlossen, korrekte Grammatik und Satzbildung
Trotz dieser vorgegebenen Entwicklungsphasen sind viele Kinder mit Auffälligkeiten konfrontiert. Verlangsamter Spracherwerb, mangelndes Verständnis, Lispeln, Poltern und Stottern können auf Sprachentwicklungsstörungen hinweisen. Jede zweite betroffene Familie kennt diese Probleme, was eine umfassende Abklärung der Sprachstörungen notwendig macht. Untersuchungen können bereits ab einem Alter von zwei Jahren durch Logopäden erfolgen. Denn die frühzeitige Unterstützung kann entscheidend sein. Ein Drittel der sogenannten „Late Talker“ kann bis zum dritten Geburtstag aufholen. Doch zwei Drittel bleibt anfällig für langfristige Sprachstörungen, die sich in Verhaltensauffälligkeiten und schulischen Problemen äußern können.
Ursachen und Einfluss von Medien
Einer der diskutierten Faktoren für die Zunahme von Sprachentwicklungsstörungen könnte der Medienkonsum von Eltern und Kindern sein. Experten raten dazu, Medienzeit gemeinsam zu verbringen und aktiv darüber zu sprechen. Diese Einschätzung wird von der Logopädin aus Wilhelmshaven unterstützt, die darauf hinweist, dass mehrsprachige Erziehung keinen negativen Einfluss auf die Sprachentwicklung hat. Vielmehr ist die sprachliche Anregung in der Umwelt entscheidend. Verschiedene Angebote wie das Heidelberger Elterntraining (HET) präsentieren sich als wertvolle Unterstützung, besonders für Kinder ab zwei Jahren mit verzögerter sprachlicher Entwicklung.
Auf den zahlreichen Veranstaltungen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, wird immer wieder betont, wie wichtig eine frühzeitige sprachliche Förderung in Kindertagesstätten ist. Die Beschäftigung mit Büchern, das Benennen von Farben oder das Beschreiben der Umgebung sind einfache, aber effektive Methoden zur Förderung der sprachlichen Fähigkeiten von Kindern.
Auf der Plattform des Frühinterventionszentrums sind zahlreiche Programme umrissen, die sich mit Sprachförderung befassen. Diese Veranstaltungen helfen, das Bewusstsein für die Bedeutung einer frühen Intervention zu schärfen und Fachkräfte sowie Eltern in die richtige Richtung zu leiten.
Für eine nachhaltige Verbesserung der Situation sind vor allem langfristige Maßnahmen wichtig. Letztlich besteht die Hoffnung, dass durch gezielte Früherkennung und geeignete Förderprogramme die Anzahl der Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen in Niedersachsen signifikant reduziert werden kann.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie im ausführlichen Bericht des Deutschen Bundestages, der die Notwendigkeit von Frühförderung und Interventionen unterstreicht.