
Am 19. März wird Christian Wulff, der ehemalige Bundespräsident Deutschlands, von 10 bis 11.30 Uhr im Domherrenhaus in Verden zu einem öffentlichen Gespräch erwartet. Diese Veranstaltung wird von der Museumspädagogin Julia Nehus und der Museumsleiterin Frauke Müller organisiert und zielt darauf ab, einen konstruktiven Beitrag zur Diskussion über den Zustand der Demokratie zu leisten. Dabei richtet sich die Einladung besonders an junge Wähler und Schüler aus weiterführenden Schulen in Verden und Achim, um sie aktiv in den Dialog einzubeziehen. Schüler haben die Möglichkeit, Wulff Fragen zu stellen, allerdings werden parteipolitische Themen und seine persönliche Geschichte nicht im Vordergrund stehen. Eine bereits eingereichte Frage behandelt die Veränderungen der Demokratie seit seiner Amtszeit als Bundespräsident von 2010 bis 2012.
Der Veranstaltungsort, das Domherrenhaus, möchte sich als ein Raum des öffentlichen Diskurses präsentieren. Über die Hälfte der 75 verfügbaren Plätze sind bereits durch Schüler reserviert. Die verbleibenden Plätze stehen weiteren Interessierten offen, jedoch ist eine vorherige Anmeldung, entweder per E-Mail oder telefonisch, erforderlich. Der Eintritt zur Veranstaltung ist kostenfrei.
Demokratie unter Druck
Christian Wulff hat in jüngster Zeit auch in einem anderen Kontext über die Herausforderungen für die Demokratie gesprochen. Bei den „Presidential Lectures“ an der Universität Luzern betonte er, dass seit 2012 ein Rückgang der Demokratie zu beobachten sei. Laut dem Projekt „Varieties of Democracy“ leben aktuell etwa 13% der Weltbevölkerung in einer liberalen Demokratie, wobei Deutschland den 12. Platz im Ranking der demokratischsten Länder einnimmt. Wulff äußerte Besorgnis über Radikalismus, Terrorismus und die Zunahme von Hass, insbesondere Antisemitismus und Islamophobie. Er wies auf Megatrends hin, die Druck auf westliche Gesellschaften ausüben, darunter Rückgang des Anteils der Erwerbstätigen und zunehmender Populismus.
Er reflektierte darüber, wie die Folgen der Pandemie sowie Konflikte wie der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten die Erosion demokratischer Strukturen vorantreiben. Wulff, der auch als Ministerpräsident von Niedersachsen und stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU diente, mahnte an, dass für die Stärkung der Demokratien feste Standpunkte und Respekt vor unterschiedlichen Meinungen notwendig seien. Diese Themen sind auch von zentraler Bedeutung für die Kultur- und Bildungseinrichtungen in Deutschland.
Bibliotheken als Orte der Demokratiebildung
In einer Zeit, in der die Stärkung der Demokratie immer wichtiger wird, spielen auch Bibliotheken eine entscheidende Rolle. Ab Anfang 2024 wird eine EU-Expertenarbeitsgruppe die Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten für Bibliotheken untersuchen, um deren gesellschaftliche Rolle zu stärken. Insbesondere soll die Demokratiebildung gefördert werden. Bibliotheken fungieren als Plattformen für gesellschaftliche Debatten und Diskurse, wobei sie Formate wie Lesungen und Diskussionsveranstaltungen anbieten.
Ein Beispiel dafür ist die Stadtbibliothek Eisenach, die ein „Demokratieregal“ eröffnet hat. Solche Initiativen sind nötig, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Zeiten von Krisen wie der Klimakrise und dem Ukraine-Krieg zu fördern. Gleichzeitig sehen sich Bibliotheken jedoch auch Herausforderungen gegenüber, wie der Notwendigkeit, Medien- und Informationskompetenz zu stärken und mit zunehmenden Misstrauen gegenüber Medien und politischen Systemen umzugehen.
Bibliotheken stehen als Orte der Aufklärung und des Dialogs im Zentrum dieser Bestrebungen. Das Programm „Land.schafft.Demokratie“ des Deutschen Bibliotheksverbands und der Bundeszentrale für politische Bildung fördert in seiner zweiten Programmphase 2024 15 Bibliotheken in kleineren Gemeinden, um Angebote zur Demokratieförderung zu entwickeln. Diese Initiativen sind entscheidend, um den Diskurs in der Gesellschaft zu beleben, in der Wulffs Botschaften von der Stärkung der Demokratie und der Wichtigkeit von Respekt vor unterschiedlichen Meinungen immer gegenwärtig sind.