
Die geplante ICE-Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Hannover und Bielefeld steht vor gravierenden Unsicherheiten und Kritik. Bereits seit Januar 2021 ist der Planungsprozess unter der Aufsicht der DB Netz AG, die mittlerweile in der neu gegründeten DB InfraGO AG aufgegangen ist, im Gange. Laut Schaumburger Zeitung sind 24 Millionen Euro in die Planung geflossen. Diese Summe betrifft Ausgaben für fest angestellte Mitarbeiter, externe Gutachter und Öffentlichkeitsbeteiligung. Regionalkonferenzen wurden zur Vorstellung des Projekts durchgeführt, wobei die Saalmieten für die Veranstaltungen zwischen 2000 und 3000 Euro pro Tag liegen.
Die FDP-Abgeordnete Jens Teutrine hat die Bundesregierung in einer schriftlichen Anfrage zur Projektlage befragt und fordert einen sofortigen Planungsstopp. Er bemängelt, dass viele Fragen zur Planung nach wie vor unbeantwortet bleiben. Der ehemalige parlamentarische Staatssekretär Lothar Ibrügger spricht von einer Verschwendung von Steuergeldern und kritisiert die Kostenschätzung von 8,4 Milliarden Euro als überholt. Experten rechnen tatsächlich mit Ausgaben, die über 20 Milliarden Euro liegen könnten.
Planungsunsicherheiten und Umweltbelange
Die Bundesregierung stufte das Projekt aufgrund der hohen „Umweltbetroffenheit“ als problematisch ein. Dies hat zur Folge, dass die notwendige Genehmigung nicht einfach erteilt werden kann. In einer ausführlichen Anfrage stellte die FDP-Bundestagsfraktion insgesamt 34 kritische Fragen zur Planung, von denen viele noch ungelöst sind. Ibrügger setzt sich dafür ein, stattdessen die bestehende Strecke von Minden nach Hannover auszubauen, was seiner Meinung nach effizienter und kostengünstiger wäre. Währenddessen diskutiert die DB InfraGO AG über neue Management-Tools und erstellt einen mehrjährigen Bundesinfrastrukturplan mit Leistungskennzahlen, um die Schieneninfrastruktur in Deutschland weiter zu entwickeln.
Die DB InfraGO AG, die am 1. Januar 2024 gegründet wurde, beschäftigt über 61.000 Mitarbeiter und hat sich das Ziel gesetzt, den Schienenpersonenverkehr zu verdoppeln und den Marktanteil im Schienengüterverkehr von 19% auf 25% zu erhöhen. Trotz dieser Ambitionen ist die Unsicherheit um die geplante Hochgeschwindigkeitsstrecke ein dunkler Schatten auf den Fortschritt der gesamten Schieneninfrastruktur. DB InfraGO setzt auf einen integrierten Ansatz und steht in engem Kontakt mit den Stakeholdern, um die Herausforderungen zu bewältigen.
Der Kontext des europäischen Schienenverkehrs
In einem breiteren Kontext hat die Deutsche Bahn gemeinsam mit europäischen Partnerbahnen eine umfassende Studie zum Ausbau des Hochgeschwindigkeitsverkehrs in Europa vorgestellt. Die Studie, die auf dem „Green Deal“ der EU-Kommission basiert, verfolgt das Ziel, den Hochgeschwindigkeitsverkehr bis 2030 zu verdoppeln und bis 2050 zu verdreifachen. Ein zentraler Bestandteil dieser Initiative ist das geplante „Metropolitan Network“, das alle 230 Metropolregionen und großen Städte in Europa miteinander verbinden soll. Deutsche Bahn betont, dass erhebliche Investitionen notwendig sind, um die EU-Ziele zu erreichen.
Die Studie identifiziert, dass allein in Deutschland der Streckenausbau die Hochgeschwindigkeitsinfrastruktur auf etwa 6.000 Kilometer anwachsen lassen könnte. Experten unterstreichen die Notwendigkeit, die bestehenden Pläne zu überdenken, insbesondere angesichts der angespannten finanziellen Situation und der teuren Umsetzungsprozesse, die für Projekte wie den geplanten Ausbau zwischen Hannover und Bielefeld erforderlich sind.
Die Realisierung des Deutschland-Takts und die Beschleunigung des Schienenverkehrs müssen wichtige Prioritäten bleiben. Bei mehr als 1.100 Millionen Zugkilometern, die jährlich auf deutschen Gleisen zurückgelegt werden, ist die Zukunft der Schieneninfrastruktur entscheidend für die nachhaltige Mobilität und die Bewältigung der Klimaziele der EU.