
Patrick Pouyanné, der CEO von Totalenergies, steht vor einer entscheidenden Phase in der Unternehmensgeschichte. Der französische Energiekonzern plant eine Börsennotierung an der New Yorker Börse, die bereits seit neun Monaten vorangetrieben wird. Trotz der Herausforderungen, die sich durch politische Widerstände ergeben, betont Pouyanné die Wichtigkeit dieser geplanten Umwandlung von New Yorker Einlagenzertifikaten in Aktien. Dies wurde vom Verwaltungsrat einstimmig bestätigt, dennoch bleiben Bedenken hinsichtlich der möglichen Auswirkungen einer doppelten Notierung bestehen. Die französische Regierung äußert ihre Sorgen, während die Pariser Börse, Euronext, mögliche Vorteile einer Notierung in New York infrage stellt und Lösungen zur Verbesserung der Marktlage in Paris anbietet, berichtet BFMTV.
In einem zunehmend wettbewerbsintensiven Umfeld kämpft Pouyanné darum, die Marktbewertung von Totalenergies zu steigern. Diese liegt derzeit 30-40% unter der von US-Konkurrenten. Ein Ziel seines Vorhabens ist es, mehr amerikanische Investoren anzuziehen, um die Investitionen französischer Banken, die in den letzten Jahren zurückgegangen sind, zu ersetzen. Kritiker bemängeln jedoch, dass die Notierung in New York wenig bewirken könnte, da die Unternehmensbewertung auch durch den aktuellen Energiemix von Totalenergies beeinträchtigt wird.
Strategische Herausforderungen und Governance
Die Governance des Unternehmens wird ebenfalls auf die Probe gestellt. Zwei bedeutende Mitglieder des Verwaltungsrats, Jacques Aschenbroich und Jean Lemierre, äußern Bedenken hinsichtlich einer möglichen ‚Amerikanisierung‘ der Unternehmensführung. Dies wirft Fragen auf, insbesondere da Lemierre im Mai 2024 aus dem Verwaltungsrat ausscheidet. Der Rückgang der französischen Präsenz im Vorstand wird deutlich, da der Verwaltungsrat nun nur noch sieben von vierzehn Sitzen von Franzosen besetzt hat. Aschenbroich setzt sich dafür ein, diese Kontrolle aufrechtzuerhalten, während Laurent Mignon Lemierre ersetzen soll, um die französische Parität im Vorstand zu wahren. Pouyanné plant, mehr amerikanische Mitgliedschaften im Verwaltungsrat zu fördern, um die strategische Ausrichtung des Unternehmens in Richtung USA zu unterstützen, so Boursorama.
Die Zahlen hinter Totalenergies zeigen ein gemischtes Bild. Im ersten Quartal 2024 meldete das Unternehmen einen Nettogewinn von 5,7 Milliarden Dollar, was einer Steigerung von 3% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dennoch fiel der bereinigte Nettogewinn um 22%, und auch der bereinigte operative Gewinn verzeichnete einen Rückgang von 20%. Die operativen Cashflows sanken um 58%, was auf schwächere Leistungen in bestimmten Segmenten des Unternehmens hindeutet. Trotz dieser Herausforderungen verzeichnete Totalenergies einen Anstieg seiner Aktien um 2,26% auf 69,60 Euro, wodurch es zu den stärksten Gewinnern im CAC 40 gehört.
Zukunftsperspektiven und Marktstrategien
Zusätzlich zu den Herausforderungen in der Unternehmensführung hat Totalenergies in den letzten zehn Jahren erhebliche Investitionen in den USA, besonders im Bereich LNG, getätigt. Angesichts der geopolitischen Situation hat das Unternehmen seine Projekte in Russland eingestellt und strebt nun eine verstärkte Konzentration auf den US-Markt an. Pouyanné betont, dass Totalenergies trotz einer möglichen Friedenslösung in der Ukraine nicht nach Russland zurückkehren wird, was die langfristige strategische Ausrichtung des Unternehmens widerspiegelt.
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