
Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in den Bistümern Hamburg, Hildesheim und Osnabrück steht erneut im Fokus, nachdem die Unabhängige Aufarbeitungskommission Nord (UAK Nord) Klage gegen das Erzbistum Hamburg eingereicht hat. Grund dafür sind massive Widerstände seitens des Erzbistums bei der Aufklärung solcher Vergehen. Die Kommission kritisiert insbesondere die mangelnde Zusammenarbeit und Datenversorgung durch die Hamburger Behörden. Im Gegensatz zu den Bistümern Hildesheim und Osnabrück, die Regelungen zum Datenschutz erlassen haben, die eine Herausgabe von Täternamen ermöglichen, verhält sich das Erzbistum Hamburg diesbezüglich anders.
Nicole Sacha, ein Mitglied der Kommission und Betroffenenvertreterin, äußerte ihr Unverständnis über die Schwierigkeiten, auf die sie bei der Aufarbeitung stoßen. Martin Kayenburg, der stellvertretende Vorsitzende der Kommission, bestätigte die unzureichende Zuarbeit des Erzbistums und bezeichnete die Zusammenarbeit als „sehr zäh“. Diese Wahrnehmung wird auch von den Betroffenen geteilt, die weiterhin auf volle Transparenz und Entschädigung hoffen.
Tätigkeiten der Unabhängigen Aufarbeitungskommission Nord
Die UAK Nord wurde gegründet, um eine effektive und unbeeinflusste Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in den drei Diözesen zu gewährleisten. Sie arbeitet unabhängig von den Diözesen und hat sich der Rolle als Sachwalter der Betroffenen verpflichtet. Am 27. Juni 2024 veröffentlichte die Kommission ihren ersten Zwischenbericht, der die Fortschritte und Herausforderungen bei der Aufklärung dokumentiert. Betroffene sind währenddessen aufgerufen, das Kontakttelefon der UAK zu nutzen: 040 / 32 31 88 79.
Ein Sprecher des Erzbistums Hamburg erklärte, dass der Kontakt zur Aufarbeitungskommission und zum Betroffenenrat Nord stetig sei und wies die Vorwürfe der Verweigerung entschieden zurück. Das Erzbistum argumentiert, dass eine andere Rechtsauffassung zum Datenschutz vorliegt, die zwischen Beschuldigten und erwiesenen Tätern unterscheidet. Solche unterschiedlichen Herangehensweisen tragen allerdings zu einer Verkomplizierung des bereits schwierigen Aufarbeitungsprozesses bei.
Historischer Kontext und die Bedeutung der Aufarbeitung
Die Diskussion über die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche ist besonders relevant, wenn man sich an den Fall des „Margaretenhorts“ in den 1970er und 80er Jahren erinnert. In diesem kirchlichen Kinderheim in Heimfeld wurde über einen langen Zeitraum hinweg massive sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen verübt. Mindestens zehn Mädchen und ein kleiner Junge erlitten schwere Übergriffe, während die damaligen Mitarbeiter*innen nicht nur nicht intervenierten, sondern die Taten auch nicht unterbanden.
Die Aufarbeitung der Vorfälle im Margaretenhort begann erst 2016, als Zeitzeug*innen sich an eine Vertrauensperson wandten. Dies führte zur notwendigen Alarmierung des Kirchenkreises Hamburg-Ost und zur Beauftragung von Dr. Ulrike Winkler mit einer wissenschaftlichen Studie. Diese wurde 2021 veröffentlicht und beleuchtet die unfassbaren Umstände und das Versagen des Systems zu jener Zeit.
Für die betroffenen ehemaligen Heimbewohner stehen feste Kontaktpersonen im Margaretenhort bereit. Zudem können sie Unterstützung durch die Unabhängige Ansprechstelle UNA und die Anerkennungskommission für Betroffene erhalten. Informationen zur weiteren Aufarbeitung finden sich auf den Seiten des Margaretenhorts.