
Am Landgericht Osnabrück steht eine 23-Jährige unter Anklage, die beschuldigt wird, im Jahr 2022 als falsche Ärztin in mehreren Krankenhäusern gearbeitet zu haben. Der Prozess hat begonnen und die angeklagte Frau sieht sich schweren Vorwürfen gegenüber, die von gewerbsmäßigem Betrug bis hin zu gefährlicher Körperverletzung in sieben Fällen reichen. Die Anklage umfasst zudem Urkundenfälschung und Amtsanmaßung, da die Angeklagte falsche Qualifikationen vorlegte, um in der Medizin arbeiten zu können. [NDR] berichtet, dass sie eine gefälschte Approbationsurkunde sowie einen gefälschten Lebenslauf verwendet hat.
Um in den Krankenhäusern der Städte Geestland (Landkreis Cuxhaven) und Meppen (Landkreis Emsland) eingestellt zu werden, gab die Angeklagte an, sie habe in den USA Medizin studiert, was sich jedoch als erfundene Geschichte herausstellte. Während ihrer Anstellung arbeitete sie in der Meppener Klinik als Assistenzärztin in der Unfallchirurgie und übernahm eigenverantwortliche Tätigkeiten in der Notfallaufnahme.
Versäumnisse in der medizinischen Praxis
Gemäß den Ermittlungen wusste die Angeklagte, dass sie über keine der erforderlichen Fachkenntnisse verfügte. Die medizinischen Eingriffe, die sie an sieben Patientinnen und Patienten vornahm, fanden ohne deren Zustimmung zur Inanspruchnahme ihrer nicht existierenden Qualifikationen statt. Bei der Durchsuchung der Ermittlungsakten wurden mehr als 1.000 Patienten und Klinikmitarbeiter befragt. Drei von ihnen sind für den Prozess als Zeugen geladen, was die Dimensionen dieses Falls verdeutlicht. [Apotheke Adhoc] fügt hinzu, dass die Angeklagte ihre Arbeit zunächst ohne Zwischenfälle verrichtete, jedoch bald darauf von Kollegen kritisiert wurde und schließlich nach einem Gespräch mit dem Chefarzt nicht mehr erschein.
Die Angeklagte, die zum Zeitpunkt der Taten als Heranwachsende galt, wird vor der Jugendkammer des Landgerichts verhandelt. Der Prozess ist auf fünf Verhandlungstage angesetzt, die bis Ende Februar stattfinden sollen. In einem kritischen Moment während ihrer Anstellung von Mitte September 2022 bis zur fristlosen Kündigung stellte sich heraus, dass sie eigenverantwortlich Behandlungen vornahm, ohne über die notwendige Ausbildung und Erfahrung zu verfügen.
Rückgang von Fehlverhalten im Gesundheitswesen
Vor dem Hintergrund dieses Falls bleibt der Zustand der Integrität im Gesundheitswesen ein kritisches Thema. Laut einem Bericht des GKV-Spitzenverbands ist die Zahl der gemeldeten Fälle von Fehlverhalten während der Coronapandemie zurückgegangen. Die Neufälle reduzierten sich von 28.197 in den Jahren 2018 und 2019 auf 23.341 in 2020 und 2021, was einem Rückgang von 17 Prozent entspricht. Besonders schwerwiegende Fälle, die zu strafrechtlichen Konsequenzen führten, gingen um 14 Prozent zurück – von 2.952 auf 2.538. [Ärzteblatt] hebt hervor, dass dieser Rückgang auch die Notwendigkeit einer intensiven Überprüfung und Aufklärung über mögliche unentdeckte Fälle im Gesundheitswesen unterstreicht.
Der stellvertretende Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Gernot Kiefer, spricht sich für bessere Schutzmaßnahmen für Whistleblower aus, die oft mit beruflichen Repressalien rechnen müssen, wenn sie Fehlverhalten melden. Über 80 Prozent der Hinweise stammen von externen Hinweisgebenden, die eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung von Betrug und Missbrauch im Gesundheitssektor spielen.
Der Fall der falschen Ärztin verdeutlicht die Herausforderungen, mit denen das Gesundheitssystem konfrontiert ist, während gleichzeitig auch innovative Ansätze wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Betrugsbekämpfung gefordert werden. Diese Technologien könnten eine neue Qualität und Quantität in der Überwachung und Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten in den Abrechnungsdaten ermöglichen.