
In einem richtungsweisenden Urteil hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg am 30. Dezember 2024 entschieden, dass Erben vollen Zugriff auf die Instagram-Konten ihrer verstorbenen Angehörigen erhalten können. Dieses Urteil (Az. 13 U 116/23) stellt einen bedeutenden Schritt im Umgang mit digitalen Nachlässen dar und bezieht sich auf den Fall des verstorbenen Sängers Alphonso Williams, dessen Instagram-Account nach seinem Tod in einen „Gedenkzustand“ versetzt wurde. In diesem Zustand bleibt der Account zwar sichtbar, kann jedoch nicht aktiv genutzt werden, nachdem Meta, der Betreiber von Instagram, im Jahr 2022 diese Maßnahme ergriffen hatte.
Im konkreten Fall klagte die Ehefrau von Williams, nachdem ihr Zugang zu dem Account verwehrt wurde. In der ersten Instanz erhielt sie lediglich Leserechte, aber das OLG entschied, dass sie volles Nutzungsrecht an dem Account hat. Rechtsanwältin Larissa Rus sieht in diesem Urteil eine bedeutende Entwicklung, da es in Deutschland bislang keine höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Thema gab.
Bedeutung des Urteils für Erben
Das OLG argumentierte, dass die Ehefrau als Erbin gemäß § 1922 BGB in das Vertragsverhältnis mit Meta eingetreten ist. Diese Entscheidung steht im Einklang mit einer Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2018, die festlegte, dass die Ansprüche auf Zugang zu Social-Media-Konten vererbbar sind. Das Gericht wies die Argumentation von Meta zurück, dass der bestehende Gedenkzustand ausreiche, um die Rechte der Erben zu wahren. Nach Ansicht des OLG sind datenschutzrechtliche und persönliche Rechte der Kommunikationspartner der Vererbung nicht entgegenzustehen, solange dies den AGB der Plattform entspricht.
Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für den Umgang mit digitalen Vermögenswerten. Es eröffnet Erben die Möglichkeit, Accounts aktiv zu nutzen, was insbesondere bei einem wirtschaftlichen Wert sicherlich neue Perspektiven bietet. Die Entscheidung ist jedoch noch nicht rechtskräftig, da die Revision zugelassen wurde. Meta Platforms Ireland Limited hat die Möglichkeit, vor dem Bundesgerichtshof Rechtsmittel einzulegen.
Regelungen für den digitalen Nachlass
In Anbetracht solcher Entwicklungen ist es für Nutzer digitaler Dienste ratsam, frühzeitig Regelungen für ihren digitalen Nachlass zu treffen. Nach dem Tod eines Nutzers bleiben zahlreiche digitale Spuren bei den Anbietern zurück. Um den digitalen Nachlass zu sichern und nachteilige Maßnahmen der Anbieter zu vermeiden, sollten Erben schnell handeln. Zugangserschwerungen durch Provider können es Erben erschweren, geerbte Rechte und Pflichten geltend zu machen.
Das BGH-Urteil von 2018 hat auch einen klaren Rahmen gesetzt: Digitale Daten gehören zum Nachlass, wie körperliche Daten, und das Erbrecht hat Vorrang vor Datenschutzinteressen. Um den digitalen Nachlass zu regeln, empfiehlt sich unter anderem:
- Überprüfen der vertraglichen Regelungen zum Schicksal der Daten nach dem Ableben.
- Klärung des Zugangs zu Nachrichten und gekauften Inhalten für die Erben.
- Erstellung eines digitalen Bestands mit Zugangsdaten.
- Testamentarische Regelungen und die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers.
- Regelungen in einer Vorsorge-Vollmacht für digitale Inhalte.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Urteil des OLG Oldenburg eine wichtige Wende im Umgang mit dem digitalen Nachlass darstellt. Es könnte weitreichende Folgen für die Rechte von Erben haben und zeigt, wie relevant das Thema im digitalen Zeitalter ist. Die Entscheidung wird sowohl von Juristen als auch von Fachleuten für digitale Erbschaften als bedeutender Fortschritt betrachtet.
Mehr Informationen finden Sie in den Berichten von LTO, Media Kanzlei und Anwalt.de.