
Am 13. März 2020 wurde im Heidekreis die erste Corona-Infektion offiziell gemeldet. Schüler der KGS Schwarmstedt zeigten Symptome, was umgehend zur Schließung der Schule führte. Der damalige Landrat Manfred Ostermann appellierte an die Bevölkerung zur Besonnenheit. Nur einen Tag später, am 14. März 2020, wurde der erste bestätigte Corona-Fall in Schneverdingen verzeichnet. Dieser Fall betraf einen Heimkehrer aus dem Österreich-Urlaub, genau aus dem mittlerweile als Corona-Hotspot bekannten Wintersportgebiet Ischgl in Tirol. In der Folge verhängte das Heidekreis-Klinikum ein Besuchsverbot, und Deutschland schloss seine Grenzen. Inmitten dieser Krise entstand eine Welle der Solidarität unter den Bürgern, die sich um Nachbarschaftshilfe bemühten.
Während die Zahl der Infektionen stieg, begannen bereits am 19. März 2020 Berichte über die Langzeitfolgen von Schulschließungen und sozialer Isolierung, die zunehmend kritisiert wurden. Scharfe Vorwürfe wurden gegen Angehörige von Altenheimbewohnern und Jugendlichen erhoben. Experten stufen einige Schutzmaßnahmen, insbesondere die lang andauernden Schulschließungen, als überzogen ein. Eine umfassende Aufarbeitung dieser kritischen Phase wurde bisher nicht durchgeführt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier forderte mittlerweile eine solche Aufarbeitung und lud am 14. März 2023 zu einer Diskussion ins Schloss Bellevue ein, um Fragen zur Pandemie und ihren Folgen zu erörtern. In diesem Kontext plant die Böhme-Zeitung eine Serie, die die Spuren der Pandemie im Heidekreis beleuchtet.
Langzeitfolgen der Pandemie
Zahlreiche junge Menschen leiden noch Jahre nach Beginn der Pandemie unter deren Nachwirkungen, besonders durch die Schulschließungen. Laut Tagesschau gilt dies insbesondere für Kinder und Jugendliche, die eine massive Zunahme an psychischen Erkrankungen verzeichnen. Um 60 Prozent stieg die Nachfrage nach Behandlungen bei Kinder- und Jugendpsychotherapeuten allein ein Jahr nach Beginn der Pandemie. Besonders betroffen sind Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren, bei denen neu diagnostizierte Essstörungen um 51 Prozent zugenommen haben. Diese Entwicklung zeigt die gefährlichen Auswirkungen der Schulschließungen, die viele junge Menschen in ihrer Entwicklung zurückwarf.
Die Tragweite dieser Probleme wird durch den Trendbericht „Jugend in Deutschland“ verdeutlicht, demzufolge jeder zehnte Jugendliche wegen psychischer Störungen in Behandlung ist. Auch wenn Deutschland Handlungsempfehlungen verabschiedet hat, um die Situation zu verbessern, gestaltet sich die Umsetzung als schwierig. Wartezeiten für ambulante Therapeuten haben sich verdoppelt, sodass Familien oft bis zu sechs Monate auf eine Diagnose und bis zu einem Jahr auf eine Therapie warten müssen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Bedeutung der Unterstützung sozial benachteiligter junger Menschen hervorgehoben, da soziale Benachteiligung ein erheblicher Risikofaktor für gesundheitliche Belastungen darstellt.
Maßnahmen zur Verbesserung
Um den psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken, hat eine interministerielle Arbeitsgruppe (IMA) Maßnahmen erarbeitet, die nun beim Bundesfamilienministerium veröffentlicht wurden. Diese Empfehlungen decken fünf zentrale Handlungsfelder ab:
- Frühe Hilfen: 56 Millionen Euro zur Unterstützung durch Familienhebammen.
- Kindertagesbetreuung: Das Kita-Qualitätsgesetz umfasst Maßnahmen zur Verbesserung von Gesundheit, Ernährung und Bewegung.
- Schule: Einführung von Mental Health Coaches an Schulen ab dem Schuljahr 2023/24.
- Gesundheitswesen: Verbesserung der medizinischen Versorgung und Schaffung zusätzlicher Therapieplätze.
- Jugend- und Familienhilfe: Neue Rechtsansprüche auf psychosoziale Beratung beim Jugendamt.
Diese Maßnahmen sind entscheidend, um Kindern und Jugendlichen ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen und die negativen Folgen der Pandemie langfristig zu mildern. Trotz der nötigen Vorschläge bleibt jedoch unklar, wann und wie umfassend diese in der Praxis umgesetzt werden können.