
Am 18. März 2025 jährt sich der türkische Angriff auf die Efrîn-Region in Nordsyrien zum siebten Mal. Der Überfall begann am 20. Januar 2018 mit der sogenannten „Operation Olivenzweig“ und führte nach zweimonatigem Widerstand am 18. März zur Einnahme des Stadtzentrums Efrîn. Während der Besatzung wurden über 400.000 Kurdinnen und Kurden vertrieben, und die Region, die historische Bedeutung für die kurdische Identität hat, litt unter gravierenden Menschenrechtsverletzungen.
Die Menschenrechtsorganisation Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert von der deutschen Bundesregierung den Abzug der türkischen Truppen aus Efrîn. Zudem wird eine sichere Rückkehr für die vertriebene kurdische Bevölkerung gefordert, die nach dem Sturz des Assad-Regimes und der Machtübernahme durch syrische Islamisten in großen Zahlen fliehen musste. Rückkehrer sehen sich jedoch mit hohen Kosten konfrontiert, die Siedler für die Rückgabe von Häusern und Grundstücken verlangen. Diese Siedler drohen sogar damit, die Häuser unbewohnbar zu machen, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden.
Forderungen der GfbV
Die GfbV spricht sich für ein Ende der Siedlerpraxis in Efrîn aus. Die Bundesregierung solle ihre Kontakte zur Türkei nutzen, um die Siedler zum Verlassen der Region zu bewegen. Auch eine neue Verfassung für Syrien, die die sprachlichen Rechte der Kurd:innen und der Assyro-Aramäer:innen garantiert sowie Religionsfreiheit und kommunale Selbstverwaltung für Minderheiten sichert, wird gefordert. Besonders betont wird das Recht auf Glaubensfreiheit für christliche, ezidische und andere religiöse Minderheiten. Darüber hinaus sollten auch die Rechte syrischer Frauen Berücksichtigung finden, und Deutschland sollte die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) unterstützen.
Die Lage in Efrîn bleibt angespannt. Die Zerstörung während der Besatzung war verheerend: Über 50.000 Schülerinnen und Schüler waren vor der Invasion in der Region eingeschrieben, heute sind es nur noch etwa 13.000. 64 Schulen wurden entweder zerstört oder umgewandelt, und der Lehrplan wurde auf Türkisch und Arabisch umgestellt, während die Sprachen Kurdisch und Aramäisch entfernt wurden. Der Unterricht im islamischen Rechtssystem (Scharia) ist nun Pflichtfach in allen Bildungseinrichtungen.
Humanitäre Krise
Rund eine halbe Million Menschen, darunter viele Binnenvertriebene, leben heute in Zeltstädten im Kanton Şehba. Der Einsatz türkischer dschihadistischer Milizen, die Unterstützung durch den türkischen Staat und die Verwendung deutscher Waffen, darunter Leopard 2-Panzer, werfen zudem erhebliche ethische Fragen auf. Über 7.000 Zivilisten wurden entführt, viele Schicksale sind bis heute ungewiss. Die Zahl der Toten, einschließlich derer, die durch Bombardierungen im Jahr 2018 ums Leben kamen, liegt in den Hunderten. Außerdem wird von einer unbekannten Dunkelziffer getöteter Personen in Folterkellern berichtet.
Die internationale Gemeinschaft reagierte verhalten auf die völkerrechtswidrige Invasion. Ein Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages stuft den türkischen Einmarsch als völkerrechtswidrig ein. Kritiker der damaligen Bundesregierung unter Angela Merkel und Sigmar Gabriel fordern eine Entschuldigung bei den Kurd:innen, während die Türkei weiterhin den PKK-Vorwand als Rechtfertigung ihrer Handlungen nutzt.
In den sieben Jahren seit der Besatzung existieren noch etwa 25 türkische Militärstützpunkte in der Region. Der Prozess der Umsiedlung und Umerziehung, der während der türkischen Besatzung eingeleitet wurde, dauert bis heute an. Mit all diesen Entwicklungen wird deutlich, dass Efrîn und seine Bevölkerung dringender internationaler Aufmerksamkeit bedürfen.
Generalkommandant der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Mazlum Abdi, bezeichnet die Besetzung als eine katastrophale Wende für die Region, die historisch nie von Nomaden bedroht war und als „gesegnete Schöpfung“ (Efrîn bedeutet auf Kurdisch) gilt.
Die internationale Reaktion bleibt entscheidend, um eine mögliche Rückkehr zur Normalität und die Gewährleistung grundlegender Menschenrechte für die Bevölkerung von Efrîn zu unterstützen und sicherzustellen.