
Die Verlegerfamilien Dunkmann, Gerhard und Engelberg stehen an einem kritischen Punkt in der Geschichte der Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO). Robert Dunkmann, der Geschäftsführer der ZGO, wurde im März 2023 abgesetzt, was das jahrelange Spannungsfeld zwischen den Gesellschaftern nun offen zutage fördert. Wie NWZ Online berichtet, waren die Differenzen zwischen den Familien schon länger vorhanden, wurden jedoch durch Dunkmanns Absetzung plötzlich öffentlich. Die Verlegerfamilien Gerhard und Engelberg zeigen die Absicht, ihre Anteile an der ZGO zu verkaufen, während Dunkmann vehement für den Erhalt der ZGO und ihrer Mitarbeiterschaft kämpft.
Dunkmann hatte in einem Interview im Jahr 2020 die Harmonie innerhalb des Gesellschafterkreises betont. Fünf Jahre später zeigt sich jedoch ein anderes Bild. Der Konflikt flammte vor allem um die ungleiche Aufteilung von Gewinnen und Ausschüttungen auf. Die Familie Dunkmann sieht sich wirtschaftlich benachteiligt und setzte die Kündigung eines Pachtvertrags in die Wege, der die Nutzung der verlegerischen Rechte der „Ostfriesischen Nachrichten“ regelte. Dieses Vorgehen wurde am 31. März 2023 formalisiert, doch welche Vorteile Dunkmann konkret davon erwartete, bleibt unklar.
Strategische Einschnitte und Verkaufsabsichten
Die Gesellschafterfamilien Gerhard und Engelberg haben zusätzliche Überlegungen angestellt, ihr Engagement in der ZGO nicht länger fortzuführen. Es gibt bereits Gerüchte über mögliche Käufer, unter denen die Neue Osnabrücker Zeitung genannt wird. Diese Verkaufsabsichten werfen nicht nur Schatten über die Zukunft der ZGO, sondern belasten auch die laufende Mitarbeiterschaft. Eine Angst um Arbeitsplatzverluste schwebt über dem Gesellschafterstreit.
Die Dunkmann-Familie hält etwa 40% der ZGO-Anteile und kann damit eine Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung ausüben. Dies ermöglicht es Dunkmann, Entscheidungen zu blockieren, was den internen Konflikt weiter beleuchtet. Der Streit wird derzeit vor dem Auricher Landgericht ausgetragen, und eine Güteverhandlung ist für den 9. April 2025 angesetzt. In der Zwischenzeit zeigt sich jedoch, dass der Druck auf die Zeitungsindustrie zunimmt.
Herausforderungen in der Medienlandschaft
Laut Meedia stehen Zeitungsverlage 2024 vor massiven Herausforderungen, nicht nur in Ostfriesland. Der Lesermarkt hat stark gelitten: Im ersten Quartal 2024 sank die Gesamtauflage der Zeitungen auf 12,78 Millionen Exemplare, was einem Rückgang von 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Regionale Abonnementzeitungen zeigen ähnliche Tendenzen, während E-Paper-Abonnements um 16 Prozent zulegten. Diese Zahlen verdeutlichen, wie unterschiedlich die Entwicklungen von Verlag zu Verlag ausgehen können, und die Notwendigkeit einer strategischen Neuausrichtung ist unverkennbar.
Zusätzlich hat der Kostendruck aufgrund steigender Personalkosten durch den Mindestlohn zugenommen. Diese Situation führt zu einem Anstieg der Konsolidierung in der Branche, wobei immer mehr Verlegerfamilien sich zurückziehen. Die Überlegungen, alternative Modelle wie Genossenschaften von Zeitungsmachern und Lesern zu entwickeln, rücken in den Vordergrund der Diskussion. Die Zukunft der Zeitungsgruppe Ostfriesland könnte damit nicht nur von internen Konflikten, sondern auch von diesen größeren Branchendynamiken abhängen.